Montag, 4. Januar. Erster Arbeitstag im neuen Jahr. Es ist 2010, auf der Agenda stehen: mehr Tempo, mehr Flexibilität, mehr Mobilität. Von Duisburg zum Beispiel bis nach Bochum, das sollte doch mindestens mal drin sitzen. Also bitte! Und fangen Sie mir bloß nicht an mit Stress! Wenn ich das schon höre!
Stress, Stress, Stress. So ein Gelaber. Heute ist schon der 4. Seien Sie doch froh, dass Neujahr auf einen Freitag fiel! Arbeitnehmerfreundlich, was wollen Sie denn? Das neue Jahrzehnt damit einleiten, zunächst einmal drei Tage lang auf der faulen Haut zu liegen, und dann immer noch stöhnen. Nicht zu fassen! Werden Sie doch endlich wach! Eine neue Zeit hat begonnen. Im Kampf jeder gegen jeden gewinnen nicht mehr die Stärkeren, sondern die Schnelleren. Auch die, die sich schneller umstellen können. Die, die schneller weitere Wege zurücklegen können. Ich gebe zu: von Duisburg nach Bochum ist das nicht immer ganz so einfach. Aber dann muss man sich eben mal etwas Anderes einfallen lassen. Unabhängigkeit von Raum und Zeit, Meister, darum geht´s! Jedenfalls: einfach hingehen und den lieben Gott einen schönen Tag sein zu lassen, das läuft nun echt nicht mehr. Sie hatten fast sieben Jahre Zeit gehabt, sich mit der Agenda 2010 vertraut zu machen. Jetzt, mein Lieber, ist 2010. Genau genommen hatten Sie sogar zehn Jahre Zeit, um zu checken, worum es im neuen Jahrtausend, spätestens aber seit drei Tagen zu gehen hat.
Im März 2000 hat die EU nämlich die Lissabon-Strategie beschlossen. Da ist festgelegt worden, dass Europa bis zum Jahr 2010 der „wettbewerbsfähigste und dynamischste wissensbasierte Wirtschaftsraum der Welt“ zu sein hat. Basta! Richten Sie sich danach! Die Lissabon-Agenda 2010 gilt auch für Sie. Auch Sie haben gefälligst wettbewerbsfähig zu sein. Mindestens. Besser Sie strengen sich an, wettbewerbsfähigst zu werden, indem Sie dynamisch sind. Sowieso – und wissensbasiert. Na egal, was immer Sie auch wissen mögen, hauen Sie rein! Und hören Sie auf mit Pause. Sie hatten jetzt drei Tage Pause; das wird ja wohl für die nächste Zeit langen. Überhaupt: Pause. Ich kann das nicht leiden. Für so etwas ist in der heutigen Zeit einfach keine Zeit. Das muss jedem klar sein; auch denen, die von Hause aus nicht sonderlich wissensbasiert ausgestattet sind. Aber etwas Dynamik wird man ja wohl erwarten dürfen. Pause. Ich kann die sowieso alle nicht leiden, die heutzutage immer noch meinen, so einfach mal eine Pause einlegen zu können. Die Schweinegrippe macht Pause, die Erderwärmung macht Pause, und Lothar Matthäus nimmt eine Ehe-Auszeit, also auch so eine Art Pause. Echt ey, ich könnte sie alle …
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