Neujahrsansprache der Kanzlerin

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Ein altes Jahr ist gegangen, ein neues Jahr gekommen. Ob dies nun der Rede wert ist oder nicht, hierzulande ist es jedenfalls gang und gäbe, dass, wenn so etwas hin und wieder passiert, der Bundeskanzler eine Rede redet.
Diese Rede nennt sich Neujahrsansprache, und der Bundeskanzler ist seit gut vier Jahren eine Frau, und das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass Frau Merkel nun schon zum fünften Male …
Kein Wunder, dass die Grünen sich entrüsten. Die Grünen, das ist schon ziemlich lange die Frau Roth. Und bis es soweit ist, dass die sich entrüstet ...

Merkel 2009 - 2010

Focus Online hat gestern gemeldet: „Claudia Roth hat die Neujahrsansprache von Kanzlerin Angela Merkel scharf kritisiert.“ Das sollte Grund genug sein, sich einmal ganz genau anzusehen, was die Kanzlerin gesagt hat. Schließlich entrüstet sich Frau Roth ja nicht einfach so. Erinnern wir uns:

"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich wünsche Ihnen und Ihren Familien für das neue Jahr 2010 Gesundheit und Zufriedenheit.
Das ist okay, da kann man nicht meckern.
Bereits zum fünften Mal darf ich Ihnen diesen Wunsch an einem Silvesterabend übermitteln.
Da schon.
Doch heute ist für mich kein Silvesterabend wie jeder andere.
Sieh an! Warum das denn nicht?
Denn der heutige Abend weckt bei mir unmittelbare Erinnerungen, und zwar an Silvester vor genau 20 Jahren.
Das ist ja ein Ding! Ich meine, dass Frau Merkel schon ein paar Tage vorher weiß, woran sie sich am Abend des 31. Dezember 2009 wohl erinnern wird. Woran werde ich wohl übermorgen Abend denken? Und: was haben Sie gemacht, an jenem 31. Dezember 1989? Wenn Sie sich freundlicherweise daran mal ganz unmittelbar erinnern könnten! – Die Kanzlerin kann es!
Das habe ich gemeinsam mit meinem Mann in Hamburg gefeiert.
Wussten Sie eigentlich, dass es das Silvester heißt? Gut, man darf auch der sagen, aber eben auch das. Das Silvester; die Kanzlerin weiß es. Der nächste Satz beginnt abermals mit „Denn“:
Denn wenige Wochen zuvor, am 9. November, war die Berliner Mauer gefallen.

Aber worauf mag sich dieses „Denn“ beziehen? „Denn“ ist eine Kausalkonjunktion, genau wie „Weil“. Ob nun ein Haupt- oder ein Nebensatz eingeleitet wird, jedenfalls wird ein Grund angegeben. Warum ist also die Mauer gefallen? Frau Merkel sagte es im Satz davor: Das habe ich gemeinsam mit meinem Mann in Hamburg gefeiert.
Das Silvester, versteht sich. Nun kann aber die Mauer unmöglich am 9. November gefallen sein, weil Frau Merkel mit Gatten am 31. Dezember in Hamburg war. Umgekehrt wird ein Schuh draus.
Ohne den Mauerfall hätten mein Mann und ich den 31. Dezember 1989 niemals gemeinsam in Hamburg mit meinen westdeutschen Verwandten verbringen können. Ohne den Mauerfall wäre mein Leben wie das aller DDR-Bürger völlig anders verlaufen.
So ist das! Und darüber haben sich die Grünen entrüstet?! Glaube ich nicht. Aber worüber dann?

Mein erstes Silvester in Freiheit nach 35 Jahren meines Lebens in der DDR - es war einmalig. Es war wunderbar. Schon wenige Monate später, am 3. Oktober 1990, war unser Land in Freiheit wieder vereint. Daran denke ich heute Abend.
Wie gesagt: die Frau ist diszipliniert. Sie legt schon weit im Voraus fest, woran sie dann und dann zu denken hat. Hoffentlich geschieht nichts Unerwartetes, was sie aus ihrem Denken in der Vergangenheit reißt, weil sie dann blöderweise wieder einmal ein bisschen regieren müsste.
Es ist wahr: Noch haben wir nicht alle Herausforderungen der Wiedervereinigung bewältigt. Aber wahr ist auch:
Ja, was denn? Dass wir es irgendwie schaffen werden? Vielleicht sogar schon im neuen Jahr? Achtung! Wahr ist auch:
Es war die Kraft der Freiheit, die die Berliner Mauer zu Fall gebracht hat. Und es ist diese Kraft der Freiheit, die uns heute Mut für das neue Jahr und das nächste Jahrzehnt machen kann.
Grandios! Ich meine: diese Kraft der Freiheit. Fast noch besser als die Kraft der zwei Herzen.
Sie trägt uns gerade auch bei den Aufgaben, die uns im neuen Jahr viel abverlangen.
Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, bei der Wiedervereinigung. Ja, da stehen noch Aufgaben an. Innere Einheit vollenden und so:
So denke ich in dieser Stunde ausdrücklich zuerst an die vielen zivilen Helfer, an die Polizisten und an unsere Soldaten, die fern von ihren Lieben ihren Dienst tun müssen.
Wie jetzt? Stopp! Bin ich in der Zeile verrutscht? Habe ich etwas aus den großen Worten unserer Kanzlerin gekürzt?

Ich bin entrüstet! Wie können Sie nur so etwas von mir denken?! Ich kürze nicht bei Frau Merkel, und schon gar nicht sinnentstellend! Verstanden?!
Ungekürzt und mit noch mehr Sinn geht es morgen weiter bei der Erkundung des Rätsels, worüber sich Frau Roth bei Frau Merkel entrüstet hat. Bleiben Sie dran!

Werner Jurga, 01.01.2009

 

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