Noch ist es „nur“ ein Gerücht. „Nur“ ist gut. Tja, das wäre ein Knaller – angeblich soll es
Lidl-Methoden damals auch in der DDR ?
gegeben haben !!! Und zwar ganz systematisch. Bespitzelungen selbst der Privatsphäre. Lidl-Methoden im Sozialismus? – Komisch. Gregor Gysi, also wohl Becks Gesprächspartner, ist - wie Sie wissen - Rechtsanwalt. Er hat - nach der “Wende” - als Parteivorsitzender die SED in die PDS gewandelt, die dann als Linkspartei mit Lafontaines WASG zur Partei “Die Linke” fusionierte. Zu DDR-Zeiten hat Gysi vor Gericht in der Regel Menschen vertreten, die mit der sozialistischen realen Existenz haderten. Hätte es damals dort drüben wirklich Lidl-Methoden gegeben – Gysi hätte es wissen müssen. Aber er gibt sich ahnungslos. Auf das Gerücht angesprochen, soll er sich darauf zurückgezogen haben, dass es in der Ehemaligen eine Ladenkette namens Lidl gar nicht gegeben hätte. Die Discounter seien unter dem Namen „HO“ gelaufen. Die andere Ladenkette namens „Intershop“ könne man hier außer Betracht lassen. Gysi könne versichern, von Lidl-Methoden in den HO-Läden nie etwas gehört zu haben.
Alles nur Gerüchte
Aber, wie das so ist: das Gerücht ist in die Welt gesetzt. Mehr noch als die Linkspartei selbst, die sich in populistische Wunschträume flüchtet, scheint Kurt Beck unter diesem Gerede zu leiden. Ausgerechnet die Sozialisten, mit denen der Bolsche-Beck koalieren will, sollen sich der kapitalistischen Unterdrückung schuldig gemacht haben. Kann er jetzt noch zurück? Was ist dran an dem Gerücht, inzwischen muss man sagen: den Gerüchten? Da wird gemunkelt, eine ganze Abteilung eines Ministeriums habe sich um nichts Anderes als ums Aushorchen „gekümmert“. Ein richtiger „Dienst“, größer als so eine Lidl-Detektei, sei das gewesen; Kürzel: „Stabi“ oder so. Freilich: absurd sind diese durch Nichts belegten Gerüchte schon. Nichts scheint bislang dafür zu sprechen, dass die Mitarbeiterinnen in den HO-Läden auch nach Dienstschluss noch mit der Zahnbürste die Regalränder säubern mussten, dass sie zur Kundenfreundlichkeit gemahnt oder gar des Diebstahls bezichtigt wurden. Dennoch: ausgerechnet an Kurt Beck bleibt der in die Welt gesetzte Dreck kleben. Da kann man klar stellen, so viel man will: 1. Beck hatte nichts mit der DDR zu schaffen, sondern der Gysi. 2. In den HO-Läden war gar nichts geputzt, das Personal unfreundlich, dafür aber recht gut versorgt.
Beck in der Klemme
Nützt nichts; das Gerücht von den Lidl-Methoden im sozialistischen Arbeiter- und Bauerparadies ist nicht mehr aus der Welt zu kriegen. Und schon hat der Bolsche-Beck „die verflixte K-Frage“ am Hals. Die Debatte über Urwahl verstärkt sich, Heil fordert Ende der Urwahl-Debatte: Scheiße alles! – Da kann der Generalsekretär fordern; es bleibt folgenlos. Auch das war in der DDR irgendwie – sagen wir nicht: besser, sagen wir: anders. Das schwere Erbe der Schröder-Jahre: „nicht besser, aber anders“. Jedenfalls: Offene Kritik an möglicher Kanzlerkandidatur Becks. Natürlich von den Rechten, sorry: den Parteirechten. „Seeheimer Kreis“ nennen sie sich. Zu meiner Juso-Zeit nannten die „Seeheimer“ sich noch „Kanalarbeiter“. 1973 konnten sie sich vor lauter Jubel kaum einkriegen, als Pinochet mit CIA-Unterstützung die sozialistische Regierung Allende wegputschte und Zehntausende Menschen foltern, verschwinden und ermorden ließ.
Heutzutage sind die „Seeheimer“ ganz anders, sagt man. Die Rechten hätten dazu gelernt, erzählt man sich. Doch sagte nicht der überzeugte Antikommunist Heiner Geißler: „Die Rechten sind alle Arschlöcher!“ Geißler jedenfalls war mit dem demokratischen Chile solidarisch, als die Rechten (die seiner Partei schlimmer noch als die meiner) sich an dem herrlichen Blutbad ergötzten. Rechte lernen nicht dazu. Wenn heute ein Top-Sozi vom Format eines Kurt Beck über eine Koalition mit „Kommunisten“ (Die Linke) und bürgerlichen Reformern (Die Grünen) „nachdenkt“, dann kommt den Rechten (Seeheimers, Westerwelles, Pofallas, etc.) Allendes Unidad Popular in den Sinn: Volksfront. Da muss man einfach putschen, zuckt es da in der Seeheimer Seele.
Na, von mir aus: dann dürfen eben die „Stones“ die Wahl gegen Frau Merkel verlieren. Doch meine Prognose steht: es wird keine schwarz-gelbe Mehrheit geben. Sie steht, wenn auch auf wackeligen Füßen. Wenn man den Beck noch lange lässt ... aber sie lassen ihn ja wohl nicht. Somit hat sich mein Tipp in Frageform wohl als falsch erwiesen: Eine Frage noch: glauben Sie, die SPD wird im nächsten Bundestag noch einmal Merkel wählen? Die Frage scheint sich erledigt zu haben. Antwort: ja. Für meine Prognose – einen Tag später – sieht es besser aus: Weg frei für Klaus Wowereit ... Also muss wieder gewählt werden. Diesmal allerdings nicht zwischen Merkel und Beck, sondern zwischen Wulff und Wowereit. Ob Sie nun diese Sorte charming boys mögen oder nicht – angesichts des jetzigen Elends müssen Sie zugeben, dass „Zukunftsforscher“ Horx Recht hat: die Zukunft wird besser.
Werner Jurga, 28.03.2008
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