es hier mit einem Profi zu tun. Straßenbahn fahren – allein schon an die Fahrkarte zu kommen, und die dann auch noch richtig zu entwerten. 1968 – da konnte ich das natürlich, da war ich stolz, zumal das die Alten damals nicht konnten. CDU wählen – klar, das ging. Aber wie man so eine Fahrkarte in den Automaten steckt … Na ja, alte Geschichten.
Bei Frau Chudobbas Begleiter muss es sich wohl um einen echten Straßenbahn-Profi handeln; denn das mit der Fahrkarte hatte er voll im Griff: "selbst gelöst, war gar nicht schwer …“ Ich bin fast sicher: auch hier handelt es sich um jemanden mit dem Anfangsbuchstaben A. – Was sagt er noch? „… auch wenn ich schon Ewigkeiten nicht mehr Straßenbahn gefahren bin".
Na klar, ich weiß natürlich, wer sich früh morgens mit Hildegard Chudobba getroffen hatte. Und richtig ist auch: Anfangsbuchstabe A. – Ein Tipp aus der Rheinischen Post: Aufgewachsen in dem Bezirk, kann der 54-Jährige zu fast jedem Haus an der Strecke etwas erzählen. Die wird sich doch wohl nicht mit einem … - nee, kann nicht, eine Chefredakteurin wüsste so etwas ja. In der anfangs noch leeren Bahn ist inzwischen kein Sitzplatz mehr frei. Ob der 54-jährige Begleiter die Gelegenheit dazu nutzt, einer älteren Dame oder einem Behinderten seinen Sitzplatz anzubieten? – Moment, ich schaue mal gerade auf das Pressefoto … … Also, das heißt jetzt nichts. Gar nichts! Woher wollen sie denn bitteschön wissen, dass eine ältere Dame oder ein Behinderter oder auch umgekehrt zugestiegen ist?! Und außerdem, wenn Sie immer noch nicht wissen sollten, wer der Herr mit A am Anfang ist, will ich Ihnen jetzt einmal etwas sagen: der Mann ist bei der Arbeit. Der redet. Der macht Wahlkampf. Straßenbahnwahlkampf. Na, dämmert es jetzt, wer der Mann mit A am Anfang ist? Richtig:
Sauerland fährt Straßenbahn
In der anfangs noch leeren Bahn ist inzwischen kein Sitzplatz mehr frei. Die Umstehenden hören zu, als Sauerland die vielen Projekte aufzählt, in die die Mittel aus dem Konjunkturprogramm II im Bezirk Hamborn fließen. Straßenbahnwahlkampf, die echte Alternative! Der Redner sitzt, das Volk steht. Warum haben die das nur jahrzehntelang alle falsch herum gemacht?! Und? Sind die dabei voran gekommen? – Mal ehrlich! Aber A. fährt Straßenbahn. Damit es für alle voran geht. Und A. erzählt, wie er das Konjunkturprogramm II gemacht hat. Ebenfalls, damit – ja näh, iss klar …
Ein Herr erkennt den Oberbürgermeister, guckt dann nach draußen auf das Wahlplakat und schüttelt ungläubig den Kopf. Ein weiblicher Fahrgast wirkt ebenfalls irritiert … … A. hat also im Straßenbahnwahlkampf noch eine Menge Überzeugungsarbeit zu leisten. Alle sind noch so furchtbar irritiert. Jahrzehntelange rote Herrschaft, die Parteibonzen immer im Auto, die Straßenbahnen von Atomstrom angetrieben, die Pferde also fast vollständig aus dem Stadtbild verschwunden. Die schlimmsten Folgen der sozialistischen Tyrannei sind im geistig-moralischen Bereich zu verorten. Das können selbst wir (Schlusssatz Chudobba: Wir, das sind CDU, Grüne und er selbst mit seinen Dezernenten) nicht in nur fünf Jahren wegräumen. Immerhin hat A. erste Erfolge vorzuweisen: hier ein Geschäft für Braut- und Abendmode in prächtiger Blüte. Geben Sie A. noch eine Chance!
Sonst sind Sie für mich ein armer Junge, zu weich für den Straßenkampf – gehen Sie singen:
Street Fighting Man
Evrywhere I hear the sound of marching, charging feet, boy cause summers here and the time is right for fighting in the street, boy But what can a poor boy do Except to sing for a rock n roll band cause in sleepy Duisburg town Theres just no place for a street fighting man No
Werner Jurga, 16.08.2009
Alle Zitate: Hildegard Chudobba. Eine Stunde Stadt-Politik, in: RP Duisburg, 15.08.2009
Songtext street fighting man: Jagger / Richards
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