Stinker auf der Südtangente

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Leider werden nicht alle Artikel der NRZ-Stadtteilausgabe Duisburg-West, die auch der WAZ beiliegt, online in derWesten.de eingestellt. Deshalb entgeht Ihnen heute bspw. dieser Bericht:

Bronzemedaille wiegt Lohn nicht auf

Ich darf nur ein kleines Stück daraus zitieren; aber dies möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:
Oberbürgermeister Adolf Sauerland übergab den beiden Rheinhauser Bezirksvertretern die Medaillen als „kleine Anerkennung“ für ihre zehnjährige Tätigkeit im Rheinhauser Stadtteilparlament. Die sei „ausschließlich“ ehrenamtlich, betonte der OB. Wenn man die Aufwandsentschädigung in einen Stundensatz umrechnet, wird sehr schnell klar, dass keiner für diesen Lohn arbeiten würde.

Recht hat er, der Oberbürgermeister. Auch wenn die NRZ „ausschließlich“ in Anführzeichen setzt: die paar Groschen sind absolut zu vernachlässigen. Die Bezirksvertreter arbeiten ehrenamtlich. Allerdings merkt man das dann auch.
Menschen aus dem Volke sitzen beieinander und beraten, wie sie ihr gesundes Empfinden mit einer Raffinesse, die sozusagen echten Politikern alle Ehre machen könnte, formulieren sollten, damit bloß niemand merkt, dass sie als Vertreter des Volkes von selbigem Dasselbe denken wie z.B. ich.
Zum Beispiel vorgestern. Da stand der

Streitfall Südtangente

auf der Tagesordnung. Die NRZ berichtete zu Recht wesentlich ausführlicher über diese Angelegenheit, die noch eine Provinzposse ist, aber unverkennbar das Zeug zu mehr hat. Der Leiter der Lokalredaktion Ingo Blazejewski beschreibt in seinem Kommentar Klartext  mit dem Titel Duisburg sucht den Supernamen die Sitzung der Bezirksvertretung als  so unterhaltsam wie ein Theaterabend.
Auch die Konkurrenz der NRZ / WAZ ist wachsam. Die Rheinische Post hat als erstes gemeldet: "Gazianteper Straße" ist erst mal vom Tisch.
Heute weiß sie von einer

Front gegen Gaziantep-Platz

zu berichten. Was ist bloß passiert?
In unserem heimatlichen Rheinhausen ist nach langem Hin und Her endlich eine Straße fertig geworden, nämlich die L473n. Das ist natürlich kein gescheiter Name, und einfach Südtangente, wie sie schon lange vor dem ersten Spatenstich genannt wurde, kann man sie wohl auch nicht nennen.
Aber das Kind, in diesem Fall: die Straße, braucht ja einen Namen. Das ist einerseits wahr; denn die LKW-Fahrer aus fernen Ländern sollen sie ja benutzen, um den Logport anzusteuern. Und ob so ein Navi aus L473n schlau wird? Andererseits ist NRZ-Redakteur Blazejewski der Auffassung, besagte Straße habe schon längst einen Namen, und zwar Charlottenring. Okay, eine Einzelmeinung. Uninteressant.
Aber selbst Blazejewski ist, wie er schreibt, jedenfalls allzu deutlich, dass keiner den Namen Gazianteper Straße will. Den hat nämlich die Stadtverwaltung Duisburg zunächst vorgeschlagen und dann – nach Absprache zwischen dem Planungsdezernenten und der Bezirksvertretung (!) vorgesehen.
Inzwischen ist jedoch den Ehrenamtlern aufgefallen, dass Wahlen, und zwar ihre Wahlen ins Haus stehen. Und seither können unsere selbstlosen Volksvertreter kaum noch an irgendetwas Anderes denken. Auf dem Spiel steht ja nicht nur die in der Tat mickrige Aufwandsentschädigung, sondern auch die „kleine Anerkennung“ des OB und … ach, ich weiß es doch auch nicht. Wirklich nicht! Die kriegen wirklich keine Flocken!
Und dann ein türkischer Straßenname! Hintergrund: die Partnerstadt Gaziantep hatte vor kurzem einen mehrspurigen Boulevard nach Duisburg benannt. Gut, das ist für die dortigen Kommunalpolitiker kein Problem; denn Türken sind ja nicht deutschenfeindlich. Jedenfalls nicht die, die dort leben: die kennen uns ja nicht einmal!

Stinker auf der Südtangente

Und jetzt müssten wir eigentlich – schon wegen der Höflichkeit und der Wirtschaftsbeziehungen - … ach Du Scheiße! Da hat sich der clevere Dressler, der schon wiederholt für seine Hochachtung gegenüber den Linksrheinern aufgefallen ist, gedacht: das drücke ich den Bauerntrotteln aufs Auge! Bis die das mal mitkriegen.
Inzwischen haben die es mitgekriegt, was insofern blöde ist, als dass die ganze Chose nicht unbedingt eine Provinzposse bleiben muss. Nicht, dass der Türke auch noch mitkriegt, dass er im Gegenzug zu seiner Einkaufsstraße in der City mit einem LKW-Zubringer abgespeist werden soll. Oder gar, was die ehrenhaften Ehrenamtler im Rheinhauser Stadtteilparlament so alles von sich geben.
Aber die waren auf Zack. Nicht mit uns! Zwar sind die Sitzungen der Bezirksvertretung öffentlich, aber so öffentlich nun auch wieder nicht. Kommt da unangemeldet das Fernsehen an. Da haben unsere Polit-Größen natürlich nichts mehr gesagt. Logisch.
Aber in Zeiten des Privatfernsehens ist nichts mehr mit Hofberichterstattung. Knallharter investigativer Journalismus ist jetzt angesagt. Also sagten die RTL-Leute, dass sie gar keine Tonaufnahmen machen wollten, sondern nur mal so ein bisschen drehen, wie schön unsere Spitzentypen da so sitzen. – Aber nicht mit uns! Unsere Dorfpolitiker wissen schon, dass man sie nicht vorzeigen kann.

Mögen sie auch denken, sie seien hässliche Deutsche, weil sie so aussehen, wie sie aussehen. Tatsache ist: sie sind so fies, weil sie denken, was sie sagen, und sagen, was sie denken. Da können sie noch so clever sein wollen. Sie schaffen es nicht. Sie würden es selbst dann nicht schaffen, wenn sie nicht so einen Scheiß machen würden, und nicht einmal dann, wenn sie nicht so einen Scheiß erzählen würden.

Es stinkt einfach Tausend Meilen gegen den Wind.

Werner Jurga, 09.05.2009                         siehe auch: Frau sucht Führer (10.05.2009)

 

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