Ruhrbischof Genn

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Leute gibt es! Ich kann Ihnen sagen:
Die sind dermaßen gut geschult, teuflisch gut! Wenn so einer Sie etwas fragt, dann heißt es aber: „Höllisch aufpassen!“ Wenn so Leute sich auskennen in Sachen Rhetorik, Dialektik und allem, was dazugehört, um einem das Wort im Mund herumzudrehen ... und wenn so einer Ihnen mal ganz locker eine Frage stellt, so als wäre die Antwort sowieso klar wie Kloßbrühe, etwa so, als handele es sich eigentlich gar nicht um eine Frage, wie gesagt: „Höllisch aufpassen!“ - Teufel, Teufel! Ein Beispiel:

„Was steht zuerst, der Sachzwang oder der Mensch?“

Noch ein Beispiel: haben Sie schon einmal etwas von einer „rhetorischen Frage“ gehört? – Vorweg: ich kann Ihnen weder die eine noch die andere Frage beantworten. Was weiß denn ich, wovon Sie schon alles was gehört haben (wollen), und vor allem: wovon nicht? – Und die erste Frage ist erst recht teuflisch. Nicht zuletzt vielleicht auch deshalb, weil sie von unserem Ruhrbischof stammt, dem Herrn Dr. Felix Genn.
Er trug sie vor beim politischen Nachgebet, krasser Event-Name übrigens, von dem ich Ihnen schon das ein und andere Mal erzählt hatte. Nun also: was denn nun? – Hätte uns der Oberhirte ja auch mal verraten können; hat er aber nicht.
Sie meinen also, ganz bestimmt habe Hochwürden den Menschen gemeint. – Kann ja sein; wie gesagt: ich weiß es nicht. Das wird wohl seine Gründe haben; also: nicht einfach „Mensch!“ rufen und blauäugig meinen: alles klar, Platz im Himmel wird schon reserviert. Der Dr. Genn ist schließlich nicht der Grönemeyer.
Gewiss: so ein Mensch an sich ist schon ganz wichtig. Aber gilt das für sich auch in jedem Fall? Zum Beispiel auch für den mordenden Kinderschänder? Lasset uns beten! Vorher aber noch eine Frage: darf sich der Mensch – so an und für sich – etwa über Gott stellen? – Klare Kiste: das darf er natürlich nicht. Kann er womöglich auch gar nicht, denn Gott ist nämlich - per se schon mal – allmächtig; da kann unsereins gar nichts machen. Also, wenn Sie so wollen (ich will gar nix, schon gar nicht mir das Plappermäulchen verbrennen), also wenn Sie so wollen: so eine Art Sachzwang. Darf man aber unseren lieben Gott so ohne weiteres „Sachzwang“ nennen? – Wie gesagt: so etwas weiß ich nicht! Ist aber auch eine verdammt abgefuckte Frage.
Jedenfalls klar ist:

„Der Mensch ist mehr als nur ein Kostenfaktor“

Logisch, er ist eben auch ein Nachfragefaktor, sonst könnten die Unternehmen ja ihre Plörren nicht an den Mann bringen. Oder auch an den Menschen, was in der Karmelkirche so etwa das Gleiche gewesen sein dürfte. Im günstigen Fall ist der Mensch auch noch ein Steuerzahler, sonst stünde der Herr Bischof nämlich mit ziemlich leeren Händen da.
Ist ja richtig: der Mensch ist mehr als nur ein Kostenfaktor, dies noch, und das auch noch, aber eben auch ein Kostenfaktor. Das ist zwar irgendwie schade; aber selbstverständlich muss auch die Kirche

„Die Zeichen der Zeit erkennen“

Deshalb sah sich der Ruhrbischof leider gezwungen, etliche Kindertageseinrichtungen dicht zu machen, so einige auch in Duisburg. Dr. Genn weiß nämlich, dass „auch in Zeiten der Globalisierung der Mensch im Mittelpunkt des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Handelns stehen müsse“, wobei in diesem Fall im Mittelpunkt seines wirtschaftlichen Handelns der Mensch vornehmlich in seiner weiblichen Form auftauchte – und zwar in der Kostenkalkulation. Dumme Sache, das hat Bischof Genn vielleicht auch gar nicht gern gemacht, all die Erzieherinnen rausgeschmissen. Das war aber Sachzwang. Nun also noch einmal die Frage: „Was steht zuerst, der Sachzwang oder der Mensch?“ Sicher, Hochwürden ist ein Diener Gottes und des Menschen, aber: was steht zuerst?

„Arbeitnehmer sind Subjekte, keine Objekte“

sprach ihr Hirte. Wahrscheinlich hat er auch deshalb all diese Subjekte auf die Straße gesetzt.
„Subjekte, keine Objekte“ – witzig. Rudi Schulte hätte dem Herrn Doktor des Herrn gesagt. „Junger Mann, wir machen nicht, mit unsereins wird gemacht.” Aber Rudi Schulte war ja auch gottlos.
Der Bischof  forderte die Sicherung der sozialen Grundrechte. Die sozialen Sicherungssysteme seien öffentliche Güter, „die nicht der Marktlogik unterworfen werden können“, betonte der Bischof.
Denn: Das Bistum Essen verstehe sich seit seiner Gründung als ein „soziales Bistum“
Das ist schon wieder so kompliziert: „nicht der Marktlogik unterwerfen“. Ja, wem soll sich der Sozialstaat denn dann unterwerfen? – Logisch, Genn bezieht klar Stellung gegen „eine neoliberale Politik der sozialen Kälte“. Das ist ja schon mal super; und wenn der Sozialstaat nicht von irgendwelchen Rausschmeißer-Typen geplündert werden soll, folgt daraus sonnenklar:

„Das Arbeitseinkommen muss das Leben sichern“

Wobei andererseits wiederum auch klar sein muss:
Der Mindestlohn sei für die Beseitigung von Armut in Familien untauglich.
Da hat der Gottesmann irgendwie auch wieder Recht: einen einzelnen kriegt man mit dem Lohn satt, so eine ganze Sippe sowieso nicht. Um die lieben Kinderchen samt ihrer – mehr oder weniger heiligen – Mutter, darum soll sich der Sozialstaat gefälligst kümmern. Dafür ist er da! Deshalb hat Bischof Genn ja auch keine Männer rausgeworfen und auch nicht einfach irgendwelche Frauen. Sondern Erzieherinnen, so kann die deutsche katholische Mutter endlich wieder ihren eigentlichen Aufgaben nachkommen, anstatt vom Staat in eine naturwidrige Maloche gezwungen zu werden bzw. – um es in den Worten seines Amtskollegen Mixa zu sagen: auf eine Gebärmaschine reduziert zu werden.

„Armut im Ruhrgebiet - auch bei Kindern“

„Ist es unserer Region würdig, Angst vor Armut haben zu müssen?“ fragt Hochwürden völlig zu Recht. Im Gegensatz zur Frage am Beginn dieser Zeilen bin ich mir hier aber ganz sicher. Die Antwort lautet Nein. Unserer Region ist es nicht würdig, Angst vor Armut haben zu müssen. Ganz sicher!

Werner Jurga, 25.06.2008

 

P.S.: Haben Sie irgendeine Ahnung, was der Bischof damit meinen könnte, wenn er sagt,
es sei alarmierend, wenn die „soziale Frage“ nur noch als eine Frage des Geldes angesehen werde?

 

Sämtliche Zitate, also die Überschriften und die markierten Textpassagen, aus dem Bericht des Ruhrbistums.

 

[Jurga] [Home] [März 2010] [Marxloh stellt sich quer] [Februar 2010] [Januar 2010] [2009] [2008] [60 Jahre Israel] [Dezember 2008] [November 2008] [Okt. 2008] [Sept. 2008] [August 2008] [Juli 2008] [Juni 2008] [Mai 2008] [April 2008] [März 2008] [Februar 2008] [Januar 2008] [2007] [Kontakt]