Kommunisten in der SPD

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Neulich im Ortsverein. Lebendige Aussprache über etwaig auszumachende Probleme im Erscheinungsbild der SPD. Da habe ich auch mal was zu gesagt. Vermutlich mal wieder etwas ziemlich Rechtes.

Plötzlich und unerwartet dann die Frage:

„Können Kommunisten etwa nicht in der SPD sein?“

Tonlage fordernd bis vorwurfsvoll. Da ich ein Mann des Friedens bin und meiner sozialdemokratischen Seele eine gesunde Flexibilität nicht fremd ist und ich – nicht zuletzt – unter Zeitdruck stand, antwortete ich flugs: „Doch klar, natürlich!“
Das allerdings war etwas überhastet. Und falsch. Aber der Reihe nach.
Erstens habe nicht ich über so etwas zu befinden. Zweitens haben das Andere zu entscheiden. Und drittens ist diese Frage freilich längst geklärt: Kommunisten können nicht, sollen nicht, wollen wohl auch nicht, vor allem aber: dürfen nicht Mitglied der SPD sein. Basta!

Kommunist, Kommunismus – wie sich das auch schon anhört. Das klingt nach Mauer und Stacheldraht, nach Schlangestehen und Plastikautos, nach Club-Cola und VEB-Leinenhosen. Und nach munteren Parolen wie „Vorwärts zum soundsovielten Parteitag!“ oder „Die Partei hat immer Recht“.
Kurzum: Kommunismus, das war die DDR. Kommunisten, so hießen die, die drüben zu sagen hatten. Oder auch diejenigen, die hier nicht Briefträger werden durften. Denn die hielten zum Feind, zur „ruhmreichen Sowjetunion“, wie sie sich ausdrückten.
Wobei: die in China – das waren auch Kommunisten, besser gesagt: sind es immer noch. Die haben zwar Kapitalismus, und zwar so einen richtigen Turbo-Kapitalismus. Aber eben auch einen Polizeistaat, da kommt´ s ja wieder hin.
Diesen Kommunismus fanden all die K-Gruppen gut. Oder eben den in Albanien. Hauptsache: Sieg im Volkskrieg! Die knallharten ML-Kämpfer fanden den Kommunismus in Kambodscha gut, obwohl der Herr Pol Pot etwa jeden Dritten seiner Landsleute hat um die Ecke bringen lassen. Egal, der freie Westen – auch die Bundesregierung – waren auch für das Pol-Pot-Regime und gegen die Kommunisten aus Vietnam, die dem Morden schließlich ein Ende bereiteten.
Heutzutage soll es Kommunismus ja nur noch auf Kuba (romantico revolutionario!) und in Nordkorea (nicht so schön!) geben – dachte sich auch schon Erich Honecker, als es ziemlich eng für ihn wurde. Dennoch konnte sich der gebürtige Saarländer nicht dazu aufraffen, als Exilant seinen Lebensabend in einem dieser beiden Arbeiterparadiese zu verbringen.

Ein ganz schönes Durcheinander mit diesem Kommunismus

Was es nicht alles gibt bzw. gegeben hat: Maoisten, Trotzkisten, Stalinisten, Orthodoxe, Unorthodoxe und Wolf Biermann. Mit den Kommunisten scheint es ähnlich zu sein wie mit den Liberalen. Erinnern Sie sich noch an Loriots Hinweis: „Im liberalen Sinne heißt liberal nicht immer liberal“? So gibt es in den meisten europäischen Ländern zwei liberale Parteien wie auch früher in Deutschland; die Linksliberalen für die Bürgerrechte, die Rechtsliberalen für die Kapitalistenrechte. Mit Überschneidungen, weil ja auch Kapitalisten Bürger sind, und weil manche Bürger auch ein bisschen Kapital haben. In Japan die Liberalen – das sind die alten Patriarchen. In Russland nennen sich die Faschisten so; in Amerika ziert sich ein ordentlicher Sozialdemokrat, so genannt zu werden. Im „Land of the Free“ bedeutet „liberal“ nämlich so etwas wie „linksaußen“. Verwirrend. Otto Schily hatte mal erwähnt, eigentlich sei er ein liberaler Kommunist, wohl wissend, das dies nicht gehe. Mag sein, dass auch deshalb seine diesbezüglichen Bemühungen weder sonderlich liberal noch gar allzu kommunistisch angemutet haben.

Nur mal so angenommen, Kommunismus bedeute nicht etwa Polizeistaat und / oder völlige Gleichmacherei, sondern einfach nur – nach Karl Marx (der soll ja auch was damit zu tun gehabt haben) – die freie Assoziation der Produzenten. Eine Gesellschaft, in der der Leitsatz gilt: „Jeder nach seinen Bedürfnissen, jeder nach seinen Fähigkeiten“. Eine klassenlose Gesellschaft. In der alle insofern gleich sind, als dass nicht die Einen über die Anderen zu bestimmen haben. In der alle insofern ungleich sind, weil ja Jede und Jeder seine eigenen Bedürfnisse und Fähigkeiten hat. Kommunismus, das könnte doch eine Gesellschaft sein, in der sich der schulische Werdegang der Kinder nicht danach richtet, wie viel Kohle die Alten auf dem Konto haben, sondern nur danach, wie viel Grips der liebe Gott mit welchem Löffel an die einzelnen verteilt hat. Nur mal so als Beispiel.
Dies und das fiele mir auch noch ein. „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, sprach dereinst ein prominenter Sozialdemokrat – ausdrücklich kein Kommunist. Mag sein. Aber: Träumen erlaubt!
Von einem Paradies auf Erden mag ich nicht träumen. In der Vergangenheit hat diese Vision zu viele Tote mit sich gebracht. Als Christ kann ich an so etwas nicht glauben. Und ganz abgesehen davon: wer möchte schon im Paradies leben? – Stelle ich mir auch ziemlich langweilig vor.

Aber eine klassenlose Gesellschaft – das wäre doch was! Das müsste doch möglich sein – irgendwann einmal. Ich wäre jedenfalls sehr dafür.
Bin ich jetzt ein Kommunist? Wenn ja ... dann hätte ich eine Bitte. Behalten Sie das bitte für sich! Im Vertrauen: das bleibt jetzt mal unter uns! Nicht, dass ich noch Tullus mit dem Verfassungsschutz kriege. Das mit Fürst Ferdinand wird sowieso nichts. Aber meine Partei, die SPD, was würde die wohl dazu sagen?! Kommunisten in der SPD – das geht doch nicht!

Werner Jurga, 09.06.2008

 

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