Ein letztes Mal

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Fortsetzung des Textes „Europawahl“ vom 13.04.2009


Für den „Ruhrbaron“ Stefan Laurin ist die Europawahl vor allem eine große Umfrage zur Bundestagswahl. Und weil ich Umfragen mag, gehe ich zur Wahl. Aber nur deswegen.

Gut, dieser Aspekt ist keineswegs zu vernachlässigen. Es ist unbestreitbar der politisch gewichtigste. Vielfach wird die NRW-Kommunalwahl zum Test für die Bundestagswahl hochstilisiert; und selbstverständlich wird auch sie ein Test sein. Einer unter vielen in diesem Superwahljahr. Aber die Europawahl ist nun einmal die erste und darüber hinaus die einzige Wahl, in der bundesweit abgestimmt wird.
Nun, ich hatte im letzten Text aus dieser beliebten Serie noch ein paar andere Argumente angeführt; sei´s drum. Das entscheidende habe ich bislang nur angeführt, nicht aber ausgeführt. Die Kolumne schloss mit der denkwürdigen Anregung:

Ja zur Europawahl am 7. Juni! Es könnte die letzte sein.

Könnte, ein Konjunktiv. Lassen Sie mich präzisieren!
Ich bin sicher, dass auch im Jahr 2014 ein wie auch immer gearteter Urnengang stattfinden wird, den wir „Europawahl“ nennen werden. Aber ich bin genauso sicher, dass daran nicht die gleiche Anzahl von Staaten teilnehmen werden, und dass das zu wählende Parlament mit dem jetzigen Europäischen Parlament allenfalls noch den Namen gemein haben wird. Wenn überhaupt.

Erstens sind die konstitutionellen Voraussetzungen für ein „Weiter so“ weder gegeben noch zu erwarten. Die Europäische Verfassung ist gescheitert. Und der als Notbehelf dafür ersonnene Lissabon-Prozess wegen des Neins der Iren auch. Auch wenn es niemand sagen möchte: daran ist nichts mehr zu ändern. Man kann die Iren nicht für dumm verkaufen. Weitere Neins aus Staaten, die den Lissabon-Vertrag bislang nicht ratifiziert haben, sind nicht auszuschließen. Und bedauerlicherweise hat die europäische Integration im Grunde in kaum einem Land die Bevölkerungsmehrheit auf ihrer Seite.
Zweitens, und dies ist das Wichtigere, werden wir diesen Kontinent in fünf Jahren nicht mehr wiedererkennen. Der gegenwärtig als Wirtschaftskrise bezeichnete ökonomische Zusammenbruch wird Verwerfungen innerhalb und zwischen den Staaten begünstigen, deren Konturen zwar bereits erkennbar sind, deren Ausmaß wir aber zur Zeit noch nicht abschätzen können. Diese 27 Länder werden sich nicht mehr politisch integrieren lassen. Schon auf eine so große Freihandelszone würde ich angesichts der sich abzeichnenden dramatischen Umstände nicht wetten.

Und der Euro?

Um das noch einmal klipp und klar zu sagen: ich finde diese Prognose schon sehr bedauerlich. Nein, ich übersehe nicht, dass die Politik der EU-Kommission, wie überhaupt der Lissabon-Vertrag in sozialer Hinsicht völlig indiskutabel ist. Vielmehr übersehen die Europa-Kritiker von Links, dass ein Scheitern die soziale Lage der Arbeitnehmer, Arbeitslosen und Rentner um keinen Deut verbessern wird. Im Gegenteil. Profitieren werden die Europa-Kritiker von Rechts, denen die Souveränität „ihres“ jeweiligen Nationalstaats über alles geht. Glaubt wirklich Irgendjemand, dass, wenn der Sündenbock Europa erst einmal weggefallen ist, es leichter werden könnte, für sozialen Fortschritt zu kämpfen?
Ich befürchte leider: wir werden sehen. Was würde eigentlich passieren, sollte uns der Euro um die Ohren fliegen? – Antwort: die D-Mark wäre dermaßen überbewertet, dass die deutsche Exportwirtschaft auf absehbare Zeit nicht mehr aus ihrem gegenwärtigen Tal herauskäme.
Nein, mit einem Scheitern der Gemeinschaftswährung rechne ich nicht. Leider kann momentan nichts ausgeschlossen werden. Vielleicht müssen einzelne Länder „austreten“. Vielleicht sind einige osteuropäische Länder nur durch einen bedingungslosen Beitritt vor dem Staatsbankrott zu retten. Ich nehme an, dass ich nicht der einzige bin, der hier im Dunkeln tappt.

Doch es ist Wahljahr. Super! Ein Superwahljahr. Die Hälfte der Deutschen hat schon jetzt davon gehört, dass eine Europawahl ansteht. Ein Drittel gibt sogar an, hingehen zu wollen. Aus welchen Gründen auch immer.
Superwahljahr. Ich vergaß. Zwei Wochen vor dem 7. Juni findet schon eine Wahl statt. Da gehe ich aber nicht hin. Da bin ich nämlich nicht wahlberechtigt, am 23. Mai. Sie wissen Bescheid: da wird unser Staatsoberhaupt gewählt.

Werner Jurga, 20.04.2009                                                        wird fortgesetzt

 

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