Post aus Beer Sheva

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Auch dies geschah an „diesem“ Dienstag, den 30.12.2008.
Unter den eMails, die ich erhielt, war eine von meinem alten Schulkameraden Jo und eine Leseranfrage aus Deutschland. Jo wusste aus Beer Sheva folgendes zu berichten:
Bis jetzt sind wir außerhalb der Reichweite der Raketen, also gucken wir uns die Sachen hauptsächlich im Fernsehen an, beinahe als wären wir im Ausland. Mal sehen, wie das weiter geht.

Gymnasium und Kindergarten getroffen

Ich hatte Jo im Februar / März des inzwischen abgelaufenen Jahres besucht, kurioserweise genau während der Woche, als zwischen Israel und Hamas der sog. „Raketenkrieg“ tobte. Vor zehn Monaten lag Beer Sheva tatsächlich außerhalb der Reichweite der Raketen. Aber diesmal? Einen Tag später, Sylvester, musste sich Jo korrigieren:
Hamas scheint meine eMail abgehört zu haben, und sobald ich sie geschickt hatte, haben wir über die Raketen in Beer Sheva erfahren. Heute morgen sind noch einige gefallen, und dieses Mal haben wir sie auch gehört (eine ohne Alarm und noch zwei, nachdem wir einen Alarm hatten und in den Sicherheitsraum gingen). Die Kindergärten und Schulen in Beer Sheva sind geschlossen (Gott sei Dank - eine Rakete ist heute Morgen in einem Gymnasium hier gefallen, was schlimm ausgehen konnte, wenn da Schüler gewesen wären).
Als wir etwas später telefoniert hatten, wusste Jo noch zu ergänzen, dass eine andere Hamas-Rakete in einen Kindergarten eingeschlagen ist. Sie haben es ja Jo´s eMail entnommen: der Bürgermeister von Beer Sheva hatte auch die Kindergärten geschlossen.
Zur Information: bei Beer Sheva, in unseren Medien häufig als „Wüstenstadt“ bezeichnet, handelt es sich um die viertgrößte Stadt Israels mit etwa 180.000 Einwohnern. Und auch Ashkelon, das schon seit längerer Zeit unter Raketenbeschuss liegt, zählt inzwischen mehr als 100.000 Einwohner. Über die Lage in Beer Sheva berichtet Henryk M. Broder und aus Ashkelon ARD-Korrespondent Sebastian Engelbrecht. Und noch etwas: die Rede ist hier nicht von der Kassam, sondern von der Grad.

Einseitig?

Nur für den Fall, dass Sie mir Einseitigkeit vorwerfen: es kann gar kein Zweifel daran bestehen, dass gegenwärtig das Leid der Palästinenser im Gaza-Streifen weitaus größer ist als das der Israelis in den grenznahen Gebieten. Es kann gar nicht darum gehen, Leid und Tod gegeneinander aufzurechnen. Das ist unzulässig. Ich habe diese Seite der Medaille beleuchtet, weil hierzulande nicht so häufig berichtet wird. Und weil ich insofern befangen bin, als dass ich mit Jo´s Kindern eine Woche lang Spaß hatte. Ich bitte um Verständnis, dass meine persönliche Betroffenheit „einseitig“ ist.
Meine politische Einseitigkeit war Gegenstand der Leseranfrage. Ich wurde nach diesem Satz in meinem Text „Sabbat am Sabbat“ gefragt.
Und der Iran (also auch die Hamas, wie auch die Hisbollah) will keinen Frieden mit Israel, sondern dieses „zionistische Gebilde von der Landkarte entfernen“.
Ich wurde gefragt, woher ich dies denn wisse. Ich habe artig geantwortet; d.h. vielleicht auch nicht ganz so artig, denn ich habe mir – wohl nicht ganz zu Unrecht – gestern den Vorwurf zugezogen, auf eine simple Frage sogleich abzugehen wie eine Sylvesterrakete. So musste ich auch hier um Verständnis dafür bitten, dass ich an diesem Sylvester etwas raketenfixiert bin.
Am Rande: telefonisch hatte ich bereits Jo um Verständnis dafür gebeten, dass ich um Mitternacht Raketen abzuschießen gedenke. Ich hatte dieses – dann auch in die Tat umgesetzte – Vorhaben mit meiner Absicht legitimiert, die bösen Geister für 2009 zu vertreiben. Wenigstens von Jo bekam ich das gewünschte Verständnis.

Was Ahmadinedschad so sagt

Zum Schluss einige Anmerkungen zu der nicht ganz unpopulären Story, Ahmadinedschad habe gar nicht gesagt, Israel von der Landkarte entfernen zu wollen. Hierbei handele es sich vielmehr um einen – aus Propagandagründen mutwillig begangenen – Übersetzungsfehler.
Ich hatte mich schon im Juli über den Kabarettisten Georg Schramm geärgert, von dem ich erstmalig diesen Tinnef hörte. Also dies ist der Originaltext aus der New York Times:
I have no doubt that the new wave that has started in Palestine, and we witness it in the Islamic world too, will eliminate this disgraceful stain from the Islamic world. Quelle: www.nytimes.com
Diese englische Fassung ist niemals vom Iran bzw. von Herrn Ahmadinedschad beanstandet worden. Sie wird auch von seinen deutschen Friedensfreunden bemüht, die den vermeintlichen Übersetzungsfehler in der Übertragung vom Englischen ins Deutsche sehen.
wave bedeutet genau genommen, heißt es,  nicht etwa Welle, sondern Bewegung, und eliminate this disgraceful stain, also diesen Schandfleck eleminieren bedeutet nämlich, so werden wir aufgeklärt, Regimewechsel. Herr Ahmadinedschad strebe nicht die Beseitigung des Staates Israel an, sondern ein anderes Regime in Israel. Keine Frage: das ist zulässig. Eine Frage bitte: wie dürfen wir uns das vorstellen? Einen Regimewechsel in Israel?

Etwas Klarheit mag da das SPIEGEL-Interview mit Ahmadinedschad vom 31.05.2006
bringen.
SPIEGEL: Die Palästinenser sind Ihnen doch längst einen Schritt voraus, sie erkennen Israel als Faktum an, während Sie es weiter von der Landkarte ausradieren wollen. Die Palästinenser sind bereit zu einer Zwei-Staaten-Lösung, während Sie Israel das Existenzrecht absprechen.
Ahmadinedschad: Sie täuschen sich. Sie haben doch gesehen, dass das Volk bei der freien Wahl in Palästina die Hamas gewählt hat. Wir sagen, weder Sie noch wir sollten uns zum Sprecher des palästinensischen Volkes machen. Die Palästinenser sollen selbst sagen, was sie wollen. Es ist doch in Europa üblich, für jede Frage ein Referendum zu machen. Man sollte auch den Palästinensern die Gelegenheit geben, ihre Meinung zu äußern.
Selbstverständlich billigt Ahmadinedschad allen Palästinensern ein Rückkehrrecht nach Israel zu. Und dann wird abgestimmt. Logisch: ein demokratischer Regimewechsel. Da fragt sich natürlich, was dann aus den Israelis würde.
SPIEGEL: Die Palästinenser haben das Recht auf ihren eigenen Staat, aber die Israelis unserer Ansicht nach selbstverständlich auch.
Ahmadinedschad: Wo sind die Israelis hergekommen?

“... bis der Islam es ausgelöscht hat”

Wem dies noch nicht reicht, dem stehen weitere Informationen zur Verfügung, zum Beispiel im deutschsprachigen Service der Islamischen Revolution.
Oder man hält sich vor Augen, warum ein Friedensabkommen, also eine Zwei-Staaten-Lösung mit Klärung des Jerusalem-Status zwischen Israel und der Fatah / PLO unterschriftsreif vorliegt, die Hamas jedoch nicht einmal darüber verhandeln möchte:
"Israel existiert und wird weiter existieren, bis der Islam es ausgelöscht hat, so wie er schon andere Länder vorher ausgelöscht hat."
Aus der Präambel der Charta der "Islamischen Widerstandsbewegung" (HAMAS)

Werner Jurga, 01.01.2009

 

[Jurga] [Home] [März 2010] [Marxloh stellt sich quer] [Februar 2010] [Januar 2010] [2009] [Dezember 2009] [November 2009] [Oktober 2009] [September 2009] [August 2009] [Juli 2009] [Juni 2009] [Mai 2009] [April 2009] [März 2009] [Februar 2009] [Januar 2009] [2008] [2007] [Kontakt]