Aus Denver berichtet Gabor Steingart für SPIEGEL Online
OBAMA-REDE IN DENVER
Obama erwähnte den republikanischen Präsidentschaftskandidat nicht nur und ehrte ihn für seine Verdienste im Vietnam-Krieg, sondern griff ihn auch an. Der kann es nicht, sagte Obama. Acht Jahre Bush und seine Republikaner an der Macht seien genug. McCains Wirtschaftspolitik, die weitere Steuersenkungen für Reiche vorsieht, wurde als das gebrandmarkt, was sie ist: wirtschaftlich unnötig und sozial gefährlich. Der Anteil der Reichen am Wohlstand in Amerika ist so groß wie seit den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr.
Es war der aggressivste Obama aller Zeiten, der da vor die Massen trat. Unter dem Druck sinkender Umfragewerte hat der Demokrat die weißen Handschuhe ausgezogen - und kämpft nun mit den Fäusten weiter. Das ist weniger elegant, aber politisch effektiver.
Wahlkampf ohne Kalter-Krieg-Rhetorik
Er sprach von der Schutzfunktion des Staates in Zeiten der Globalisierung. Das Land brauche jetzt einen Staat, der hilfsbereit sei und nicht kaltherzig, der nicht fett, aber stark sein müsse. Das ist eine unpopuläre, aber gleichwohl überfällige Debatte in Amerika.
Die Zahl der Menschen ohne Krankenversicherung ist in den Jahren des Aufschwungs um rund sieben Millionen auf 47 Millionen gestiegen. Das Wohlergehen der Unternehmen und der Abstieg der Mittelklasse schienen einander zu bedingen. Ohne eine grundlegende Neudefinition des Verhältnisses von Staat und Bürger in den USA wird es keine Lösung geben.
Am verdienstvollsten aber waren die Leerstellen seiner Rede.
Obama verzichtete darauf, Wladimir Putin frontal anzugreifen, wie es sein Gegenkandidat jetzt allabendlich tut. Obama widerstand fürs erste auch der Versuchung, die Auseinandersetzung mit Russland zum Showdown des Westens mit dem Osten zu stilisieren.
Gabor Steingart, 29.08.2008
Vollständiger Text hier: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,575138,00.html
WAZ-Korrespondent Markus Günther hat anders empfunden: http://www.derwesten.de/nachrichten/waz/2008/8/29/news-72709199/detail.html
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