Mit sozialem Augenmaß

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Ob es am Wetter liegt? – Schwer zu sagen; jedenfalls war meine Stimmung schon mal besser. Ich finde, es sieht Alles nicht so gut aus. Vielleicht empfinde ich aber auch nur so.

Aber mal ehrlich: was man so über meine Heimatstadt, in vielen Fällen auch Ihre Heimatstadt hört, ist doch wirklich nicht gut. Da kommt der Herr Regierungspräsident am letzten Montag an und sagt: „So Leute, jetzt ist aber wirklich Schluss!“ So, als hätten wir Duisburger die letzten Jahre pausenlos die Sektkorken knallen lassen!
Dass die Stadt pleite ist, hat nun wirklich keinen Neuigkeitswert. Selbst einer meiner Lieblingssprüche zieht hier nicht. Er lautet: „Das weiß doch jeder Zweite von der Straße.“ Wie gesagt: zieht hier nicht. Hier in Duisburg wissen es einfach deutlich mehr. „Die Stadt ist pleite“ wurde uns nämlich die letzten Jahre ständig vorgehalten.

Immer diese Begehrlichkeiten

Der Eine will unbedingt in einem Außenbezirk mit seinem Rollstuhl durch die Gegend fahren. Da hat ja niemand etwas dagegen; aber hier eine Bordsteinabsenkung, und am besten dort auch noch eine. Ja, der Mann hat Vorstellungen!
Die Andere ist in der Schulpflegschaft aktiv. Doch anstatt es dabei bewenden zu lassen, sich bei den Lehrern für ihre süßen Kleinen einzuschmeicheln, also für die eigenen, schreibt sie sich den Zustand der Schultoiletten auf ihre Fahnen. Dabei haben ihr die Lehrer, ob männlich oder weiblich, allesamt gesagt, was sowieso jeder Duisburger wissen müsse: „Die Stadt ist pleite.“ Unbelehrbar oder unpolitisch – ich weiß es nicht. Egal, diese Elternpflegschaft-Muttis, haben ja sonst nichts zu tun. Da kann man nichts machen. Egal.

Aber hin und wieder haben die Stadtoberen sich – und meistens auch einigen von uns – eben doch etwas gegönnt. Ob dieses sein musste oder jenes? Die einen sagen so, die anderen so. In jedem Fall: damit ist jetzt auch Schluss, sagt der Herr Regierungspräsident. Und wenn der das sagt, also der RP, dann hat das auch etwas zu sagen. Denn der RP hat etwas zu sagen. Und er sagt, dass er das auch nicht nur so sagt, sondern auch so meint. Regierungspräsident – sagt ja schon alles. Und sollte irgendein unwichtiger Fuzzy aus dieser unwichtigen Verwaltung dieser unwichtigen Stadt seine unwichtige Unterschrift dafür hergeben, dass sein Geld für irgendeinen unwichtigen Kokolores für irgendwelche unwichtigen Leute aus dem Fenster geschmissen wird, dann … ja dann würde er aber echt böse, der Herr Regierungspräsident.
Dies wiederum sei an sich gar nicht so seine Art. Als der RP am letzten Montag den städtischen Haushalt unter seine Kuratel gestellt hatte, erläuterte er extra noch, er wolle „soziales Augenmaß“ walten lassen und Pipapo. Zwei Tage später hat er dann die warme Mahlzeit für die Kinder aus einkommensschwachen Familien kassiert. Mit „sozialem Augenmaß“, nehme ich an; denn die Eltern, die Hartz IV beziehen, haben nichts zu befürchten. Für nur einen Euro bekommt der Sprössling nach wie vor so richtig was Gekochtes. Verdienen die Eltern aber richtig Geld, dann können sie gefälligst ihre Kleinen selbst bekochen.

Und weniger als zwei Mille im Monat ist auch Geld! Oder nicht? – Und wenn diese Leute – na, Sie wissen schon – nicht kochen können, tja … entweder gibt es dann bei McDonalds einen Cheeseburger für den besagten einen Euro. Oder man belegt einen Kochkurs an der Volkshochschule. Gut, der ist ein wenig teurer als ein Euro; dafür hat man da aber auch länger etwas von. Wenn man ganz genau hinsieht. Mit „sozialem Augenmaß“. Sicher, die Gebühren für den VHS-Kurs können demnächst etwas ansteigen. Deshalb: jetzt noch schnell zugreifen!

Denn, ob die Stadt Duisburg bei irgendwelchen Ausgaben spart, oder aber irgendwelche Einnahmen erhöht – das kann sie selbst entscheiden. Kommunale Selbstverwaltung nennt man so etwas. Nicht nur sozial, sondern auch noch frei. Was will der Mensch, der Duisburger Mensch, eigentlich mehr? Mensch!

 

Werner Jurga, 06.12.2008

 

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