Gönnen Können

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Am 16.10.2007, also heute genau vor einem Monat, also im Vorfeld des SPD-Parteitages, schrieb ich:
“Es geht aber nicht nur um die Frage der Bezugsdauer von ALG 1, darüber hinaus natürlich auch um den „Machtkampf“ ... zwischen Freiheit und Sozialismus? Dieser Frage wird freilich eine separate Kolumne gewidmet.“ Hier ist sie:

Gönnen Können

„Ich habe ja gar nichts dagegen, Werner“, versicherte mir Hans, „dass es Dir wirtschaftlich ganz gut geht. Aber Du musst auch mal Anderen etwas gönnen!“
Hat Hans eigentlich Recht: man muss auch gönnen können. Soll ich denn jetzt den älteren Arbeitslosengeldempfängern ein paar Monate mehr gönnen oder nicht? Und: wer ist Hans?
Sie ahnen schon: es geht um meine Partei (sagt man so, wenn man in einer ist), also um die SPD. Daher kenne ich den Hans; ist er vielleicht sogar noch länger drin als ich, allerdings: gewesen. Irgendwie hängt da letztlich alles mit allem zusammen ...
Hans repräsentierte gewissermaßen die Traditions-SPD. Mag sein, ich weiß es nicht genau, dass sein Austritt mit der ablehnenden Haltung der Rheinhauser SPD zum geplanten Kohlekraftwerk in Krefeld-Uerdingen zusammenhängt. Aber das war dann höchstens der Auslöser, nicht die Ursache.  Ihm passte die ganze Richtung, in die sich die Partei entwickelte, nicht mehr, Stichwort: Agenda 2010.  Vielleicht hat ihn der Hamburger Parteitag wieder etwas mit der SPD versöhnt.
Dass Hans ausgetreten ist, ist nämlich für die SPD schon sehr bedauerlich. Nicht in erster Linie deshalb, weil Hans in unserem Ortsverein gerackert hat wie kaum ein zweiter, also Plakate geklebt, Ständer und Folien abgeschrubbt, kurz: Hans war immer der Mittelpunkt, wenn Arbeiten erledigt werden mussten, die eine Parteimitgliedschaft erst so richtig zum Erlebnis machen. Dass er nun fehlt, ist schade für die SPD, tragisch ist es für Hans. Nicht weil diese Scheißarbeiten ihm nun fehlen würden.

Aber wenn Du jahrelang, nein jahrzehntelang für die Partei geschuftet hast, und dann hast Du irgendwann das Gefühl, sie ist irgendwie nicht mehr die Deine, und Du bist den Genossen auch ziemlich egal ... und dann schmeißt Du – im Zorn (?) – das Parteibuch hin, dann ist das doch traurig.
Und der Hans hat die ganze Maloche für die SPD nicht gemacht, weil er etwas werden, ein schönes Pöstchen oder gar ein öffentliches Mandat wollte. So welche gibt es auch in der SPD, wie in jeder anderen Partei, und das ist auch völlig in Ordnung. Je „mehr“ man wird, desto mehr hat man ja auch zu sagen. Blöd ist nur, wenn da überhaupt keine politische Überzeugung hinter steht. Da wären in der Duisburger SPD folgende Personen zu nennen (hier).

auch wenn es Hans gar nichts nützt

Nein, der Hans hat das einfach so gemacht, hat sich tatkräftig engagiert für seine politischen Ansichten. Der tut was für die Gesellschaft, also für andere Menschen, obwohl es ihm gar nichts nützt. Macht er auch jetzt noch, nur eben nicht mehr in der SPD. Aber einfach so für seine Meinung einstehen, ganz konsequent – komisch, der Hans.
In diesem Sinne nehme ich auch für mich in Anspruch, komisch zu sein. Aber ich bleibe in der SPD, bis man mich aus dem Rollstuhl in die Grube kippen wird. Klarer Fall. Das ist jetzt keine Spitze gegen Hans; ich meine nur: für die SPD wäre es besser, wenn wir beide drin wären: der Hans und ich auch. Oder sagen wir mal: so Leute wie Hans und so Leute wie ich. Das ist nicht ganz so einfach: Hans und ich sind nämlich, wie Sie sich denken können, nicht immer einer politischen Meinung. Um ehrlich zu sein: sogar ziemlich oft nicht. Und wie das dann so ist: manchmal wurde es auch persönlich. Wir sind ja alle nur Menschen.

Wie gesagt:
Vielleicht hat der Hamburger Parteitag den Hans wieder etwas mit der SPD versöhnt. Ich habe den ja nicht kommentiert ...
Zurück zum „Gönnen Können“:
Streitthema ist die Dauer der Zahlungen des Arbeitslosengeldes für Leute ab 50 (SPD) bzw. Leute, die lange „eingezahlt“ (CDU) haben.
Da wette ich nicht. Da glaube ich nur, dass das „Gerangel um das Arbeitslosengeld weiter geht“ (Ulf Meinke in der WAZ, so ähnlich hier), aber auch dass sich die Parteien früher oder später auf die  „unter dem Mantel des Sozialen äußerst unsoziale“ Verlängerung des ALG-Eins-Bezugs für „Ältere“ werden einigen können. Davor warnt jedenfalls der stellvertretende BA-Chef.
Sollten Sie sich zufällig noch einmal für meine Meinung interessieren:
Wenn nun jemand nach Jahrzehnten rausfliegt, z.B. wie jetzt bei Karmann (Beck gestern on TV: “Karmann Ghia“ – kenne ich auch noch, bin ja nicht viel jünger als Kurt), also wenn jemand nach Jahrzehnten rausfliegt, z.B. wie neulich bei uns, bei Siemens / BenQ in Kamp-Lintfort, dann gönne ich ihm oder ihr nicht nur eine ordentliche Abfindung, sondern auch sonst alles mögliche Geld. Nur: was nützt schon ein halbes oder ganzes Jahr länger ALG 1. Egal, ob man nun mit 52 noch 15 Jahre ALG 2 („Hartz 4“) erhält, oder ob man schon zur Halbzeit zwangsverrentet wird, das wird man doch wohl niemandem und niemander

Gönnen Können

 

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