Der Triangel
Wenn Sie einmal in die Oper gehen, Und sich das Orchester dort besehen, Vielleicht sehen Sie im fernsten Eck, so zwischen Tür und Angel, Einen Mann, der spielt ein Instrument, genannt Triangel. Wenn Sie diesen Mann betrachten, denken Sie an mich, Denn der Triangelspieler, der bin ich.
Ja, da sitz ich mitten im Orchester drin, Und halte bereit mein Triangel, Und endlich zeigt der Dirigent auf mich hin, Und dann steh ich auf und mach - pling
Ich komm erst auf Seite neunundachzig dran, Ja an Zeit hab ich keinen Mangel, Ich könnt ja was lesen, doch da schaut er mich an, Und schon steh ich auf und mach -pling
Meistens werd ich schläfrig von all dem Getös, Besonders bei Richard Strauß, Doch schlafen geht nicht, der Dirigent wär ja bös, Er braucht mich ja wegen dem - Ach wär doch die Oper schon aus.
Es ist schwer zu glauben, doch einst war ich jung Und studierte an der Akademie, Meine Technik erregte Begeisterung, Und man nannte mich ein Genie! Und eines Tags sah ich mit viel Vergnügen neben den gesamten Werken Glucks Im Musikgeschäft auch ein Triangel liegen. Da lachte ich und kaufte es, als Jux.
Und da sitz ich mitten im Orchester drin Im Schatten der großen Trommeln, Gleich kommt mein Einsatz, ich schau gar nicht hin, Ich steh nur auf und mach - pling
Die Violinen weinen jetzt, Die Cellos und Bässe ergrimmen, Die Flöten jubeln, das Glockenspiel lacht - Ein Triangel kann man nicht einmal stimmen.
Man wird so nervös und der Sessel ist hart, Und nie bekomm ich Applaus, So sitz ich halt da und wart und wart Bis ich aufstehen darf und mach - pling Und dann ist die Oper aus.
Georg Kreisler – Text gekürzt
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