Vahle zufolge verlief also der Polizeieinsatz am 10. Januar, zwar nicht in Gänze (ja Gott!), aber doch im Kern rechtmäßig. Und so beginnt
Richters große Stunde
Denn endlich gibt es einen professoralen Zeugen für das, was Richter schon immer gesagt hat. Also legt er los: „Die Behauptung, das Abhängen von zwei israelischen Fahnen am Rande einer Demonstration Anfang des Jahres in Duisburg sei rechtswidrig gewesen, ist durch ein Rechtsgutachten widerlegtâ€, erklärte der nordrhein-westfälische GdP Vorsitzende Frank Richter. Okay, so weit kommt es einigermaßen hin; wobei: widerlegt - wie soll ich das jetzt erklären? – Lassen wir das: es ließ sich immerhin ein Professor finden, der bereit war, das Honorar für den gewünschten Blankoscheck entgegen zu nehmen. Okay. Aber anstatt durchzuatmen und die Klappe zu halten, dreht der Gewerkschaftsboss jetzt erst richtig auf: Ich erwarte, dass sich die Innenpolitiker des Landtags, die nach der Demonstration von einem „rechtswidrigen Polizeieinsatz†und einem „schwarzen Tag für die Demokratie†gesprochen haben, bei den vor Ort eingesetzten Polizeibeamten entschuldigen.
Hoppla! Jetzt wird klar, warum Richter nicht widersprochen, sondern widerlegt gesagt hat. Entschuldigen Sie, werter Polizeibeamter Richter! Die Argumentation im zitierten Gutachten ist mir zwar verständlich (sie ist ja auch nicht allzu schwer zu verstehen); und doch halte ich den Polizeieinsatz vom 10. Januar immer noch für rechtswidrig. Muss ich jetzt ins Gefängnis? Und noch eine Frage: liefert das Gutachten irgendwelche Hinweise darauf, dass es sich beim 10. Januar 2009 nicht um einen „schwarzen Tag für die Demokratie“ gehandelt hat?
Die Innenpolitiker des NRW-Landtags hatten sich – trotz polizeilicher Aufforderung - vorgestern nicht entschuldigt; sie seien plötzlich ganz kleinlaut geworden, erzählt Frank Richter der NRZ. Und gerät darüber richtig in Rage. „Eine riesengroße Sauereiâ€, reagierte Richter, „das ist eine Frage des politischen Anstands.†Ja, der deutsche Anstand. Nachdem die Bilder aus der Claubergstraße um die ganze Welt gegangen waren, kommt GdP-Chef Richter jetzt mit Anstand. Nicht zu fassen! Er wisse gut um das sensible Verhältnis zu Israel, sagte der Gewerkschaftschef der NRZ. Gut zu wissen. Herr Richter hat das Selbstverständliche extra deshalb einmal gesagt, um daraufhin völlig auszuflippen: Aber die Polizei schütze die Demokratie – „und sie wurde von der Politik in eine Ecke gestellt, wo sie nicht hingehört.â€
Ja, geht´s denn noch? Die Politik. Welcher Politiker, welcher NRW-Innenpolitiker hat denn die Polizei in welche Ecke gestellt? Wer bitteschön hat unsere Polizei als Sympathisanten der Islamo-Faschisten dargestellt? – Man fasst sich an den Kopf. Die Polizei hat sich in dieser Situation objektiv und unfreiwillig zum Handlanger dieser Feinde der Demokratie gemacht. So war das, und so hat das auch der ein oder andere Politiker gesagt. Es wäre die Aufgabe eines Polizeigewerkschaftlers, etwas dazu beizutragen, dass so etwas nie wieder passiert, anstatt uns mit einer Banalität wie dieser zu belästigen: „Polizeibeamte, die bei Demonstrationen eingesetzt sind, nehmen aber nicht für die Demonstranten und deren politischen Ziele Partei, sondern sie schützen das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheitâ€, betonte Richter. „Deshalb haben sie auch einen Anspruch auf die uneingeschränkte Unterstützung durch die Politik, wenn sie das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit schützen.†Natürlich haben sie das. Gestern ist an vielen Orten wieder deutlich geworden, welch schwierigen und gefährlichen Job Polizeibeamte haben. Sie halten für unsere Demokratie ihre Knochen hin und haben schon allein deshalb Anspruch auf die Solidarität aller Demokraten – uneingeschränkt? Nun ja, den Beamten gilt auch dann unsere Solidarität, wenn sie Fehler machen. Aber wir müssen drüber reden dürfen, und sie haben selbstverständlich auch dafür den Kopf hinzuhalten. Wie jeder Andere auch.
Und noch eins, weil Frank Richter sich da wirklich stark vertut. Zur Debatte stand und steht hier die Güterabwägung zwischen der Unverletzlichkeit der Wohnung und dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auf der einen Seite und der Abwehr von Gefahren für Leib und Leben auf der anderen Seite. Die Demonstrationsfreiheit war am 10. Januar zu keinem Zeitpunkt in Gefahr, jedenfalls nicht diejenige der islamistischen Judenhasser. Für deren Freiheit muss kein deutscher Polizist seine Haut riskieren, Herr Richter. Was reden Sie da bloß?!
Werner Jurga, 02.05.2009
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