COMMITTED TO CREATING VALUE

Die politische Internet-Zeitung aus Duisburg

Als ein Leser der NRZ oder der WAZ den „allgemeinen Geldmangel“ für die Situation des Einzelhandels in Rheinhausen verantwortlich machte, fühlte ich mich dazu berufen, darauf aufmerksam zu machen, dass der Geldmangel an und für sich schon allgemeinen Charakter hat. Denn wenn jeder sich besorgen kann, wonach ihm gerade so ist, könnte das Geld ja auch gleich abgeschafft werden. Wenn es keinen Mangel (mehr) gibt, können wir uns das lästige Rumschleppen dieser Scheine, EC- und Kreditkarten nämlich sparen.
Vielleicht hätte ich mir diese Anmerkung schon sparen sollen – banal, platt, wenn auch nicht unbedingt selbstverständlich. Aber ich hätte mir vielleicht Sparen sollen, darauf hinzuweisen. dass der Hang des Deutschen zum Sparen zielführender als Ursache der Einzelhandelskrise aufgespürt werden könnte. Diese Ergänzung fand breiten Widerhall. Nicht einmal der Dank dafür, dass ich mich „nur“ als Privatperson geäußert hatte, und nicht als Mitglied meiner Partei, blieb mir dabei erspart.

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Sie ahnen es schon: diese Geschichte liegt jetzt so drei bis vier Jahre zurück. Jedenfalls war noch keine Rede von Aufschwung; weder derWesten noch Jurga waren mit einer Webseite online. Obwohl im Internet schon ganz schön was los war, bei eBay zum Beispiel. Das hatten manche unterschätzt, die von Karstadt zum Beispiel. Doch, das hatte der Christoph Achenbach zugegeben – damals, also 2004, als er als Karstadt-Chef wochenlang wegen der möglichen Pleite des Warenhaus-Konzerns in den Nachrichten war. Und Franziska Wiethold hatte die Beschäftigten zum Streik gerufen und sich als zähe Verhandlungspartnerin erwiesen.

In diesem Jahrtausend läuft Karstadt nicht mehr

Ihr Spielraum war freilich ähnlich eng wie der Achenbachs; schließlich stand Karstadt kurz vor dem Abgrund. „Stand“ ist gut … Trotz „Radikalkur“ und ohne das kleine Warenhaus bspw. in Hochheide kommt Karstadt nicht aus den roten Zahlen raus.Von 1972 bis 2000 schmiss der gemütliche Walter Deuss den Laden; da war die Welt scheinbar noch in Ordnung. Obwohl schon seit etwa der Hälfte seiner „Amtszeit“ klar war, dass es nicht so weitergehen konnte mit dem Kaufhaus in der Stadtmitte. Im 21. Jahrhundert hat man das dann auch bei Karstadt endlich begriffen. Seither ist allerdings auch kein Oberboss mehr bei Karstadt alt geworden.
Seit gut drei Jahren beißt sich jetzt Thomas Middelhoff an dieser Aufgabe seine Zähne aus. Middelhoff, der seit seinen Tagen bei Bertelsmann sagenumwobene Top-Mann der deutschen Manager-Szene. Und der hat dann die Ärmel hochgekrempelt und angepackt. Auf jeden Fall hat er schon mal klar gemacht, dass nun ein neuer Wind weht, oder Besen kehrt. Der ganze Laden bekam einen neuen Namen.

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Thomas Middelhoff

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Klar, die Deutschen können nach wie vor zu Karstadt gehen. Aber da gehört ja auch noch Quelle, sorry: Promondo dazu, und Neckermann, äh: Thomas Cook. Und der ganze Laden heißt Arcandor.
Arcandor, das klingt doch schon ganz anders. Nicht so vermieft-altbacken, nicht so deutsch-provinziell wie Karstadt – oder Quelle oder Neckermann. Arcandor, einfach herrlich! Und das Schönste: es hat nichts zu bedeuten. Also das Wort, der Konzern schon, der hat schon seinen Sinn und Zweck. Aber weil man das in Good Old Germany nicht so offen sagen darf, und auch wegen der Globalisierung und so, sagt Middelhoff das auf Englisch. Wahrscheinlich in bestem Englisch.

COMMITTED TO CREATING VALUES

Ach so, deshalb wird der ganze Zirkus gemacht; sagt man wenigstens den Investoren. Wertschöpfung als Verpflichtung. Gegenüber den Aktionären, und da bedeutet Wert Börsenwert.

„Drei erfolgreiche Säulen unter einem Dach”

Nun will das mit dem Erfolg, also dem Aktienkurs, nicht so richtig. Richtig: Finanzkrise. Allein diese Woche mehr als ein Drittel gemanaged TO DESTROYING VALUES (komisches Englisch). Tja Finanzkrise, andere Aktien haben ja auch verloren – nicht so viel (kleinlich) und nicht schon seit Jahren (anderes Thema).

Egal, man kennt das ja, wie die eben so sind: Frau Schickedanz, ihres Zeichens Quelle-Erbin, ist natürlich stocksauer, die verarmte Milliardärin. Aber auch die Kleinanleger fordern den Rücktritt von Arcandor-Chef Middelhoff.
"Middelhoff gescheitert" heißt es in eindeutig denunziatorischer Absicht. Der Druck auf Arcandor-Chef Middelhoff wächst.

Und das ist so gemein! Denn erstens ist Arcandor kein Einzelfall, und zweitens ist es dem Management mitten in der Kreditkrise gelungen … Stopp: haben Sie etwas bemerkt. Diese Formulierung ist nicht von mir; ich würde das niemals so sagen: „mitten in der Kreditkrise“ … also: in diesen schweren Zeiten wurde eine Verständigung über Arcandor-Finanzierung erzielt.

Schlimm, diese Undankbarkeit!

Na ja, es ist ein Auf und Ab; es wird schon wieder aufwärts gehen. Denn Probleme bei Arcandor macht eigentlich nur Karstadt. Aber jetzt, wo die im Forum Duisburg sind – ich sage nur: Profit, Profit, Profit …

Sie sehen ja, was da immer los ist. Und außerdem: die

US-Finanzkrise trifft uns nicht

Das sagt der Kämmerer, der Herr Dr. Langner. Und der kennt sich in diesen Sachen aus. Wenn der sagt, die trifft nicht uns, auch wenn sie die ganze Welt in die Tiefe zerrt, alles wegsaugt wie das schwarze Loch. Nicht Duisburg. Verschont wird zur Not auch noch des Forums Kundschaft aus den umliegenden Dörfern. Denn wir sind Helden.

Da kann kommen wer will. Weltwirtschaftskrise, pah! Wir Duisburger haben nun einmal die dicke Kohle. Der Karstadt Konsumtempel ist ja jetzt schon eine Goldgrube.

Auf unseren städtischen Haushalt müssen wir, das weiß ja jeder, allerdings höllisch aufpassen. Deshalb auch die recht hohen Parkgebühren im Forum.

Da können die Anwohner noch so viel mosern. Nicht mit dem Langner. Haben das Forum direkt vor der Nase und meckern auch noch. Ich sage nur: Wasserviertel. Der rote Peter denkt aber nicht nur an die Reichen. An alle. Vor allem natürlich an „seinen“ Haushalt. Und da war er schon immer vorsichtig, direkt risikoscheu. Deshalb hat er den Stadtbahn-Tunnel und das Schienennetz der Duisburger Verkehrsgesellschaft auch nicht den Ami-Spekulanten in den Rachen geworfen. Vielmehr hat er ganz bewusst keine amerikanische Bank beziehungsweise Versicherungsgesellschaft, sondern eine niederländische und eine deutsche (Landes-)Bank gewählt. Laut Dezernent Peter Langner ist "Cross-border-leasing in Europa abgesichert".

Der Holländer macht nämlich nicht so waghalsige Sachen wie die da drüben an der Wall Street. Und bei einer deutschen Landesbank kann sowieso nichts passieren.
Sicher: im Zeitalter der Globalisierung kann man nicht nur auf der eigenen Scholle sitzen. So legte die DVV (Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft) Geld bei Lehman-Bank an. Die DVV hat 30 Millionen € bei Lehman Brothers liegen.

Ich sage mal so: die Idee war gut …

Werner Jurga, 27.09.2008

 

Ach Quatsch, hör´ auf mit Finanzkrise!
Wir gehen jetzt Shoppen!

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