Klar, die Deutschen können nach wie vor zu Karstadt gehen. Aber da gehört ja auch noch Quelle, sorry: Promondo dazu, und Neckermann, äh: Thomas Cook. Und der ganze Laden heißt Arcandor. Arcandor, das klingt doch schon ganz anders. Nicht so vermieft-altbacken, nicht so deutsch-provinziell wie Karstadt – oder Quelle oder Neckermann. Arcandor, einfach herrlich! Und das Schönste: es hat nichts zu bedeuten. Also das Wort, der Konzern schon, der hat schon seinen Sinn und Zweck. Aber weil man das in Good Old Germany nicht so offen sagen darf, und auch wegen der Globalisierung und so, sagt Middelhoff das auf Englisch. Wahrscheinlich in bestem Englisch.
COMMITTED TO CREATING VALUES
Ach so, deshalb wird der ganze Zirkus gemacht; sagt man wenigstens den Investoren. Wertschöpfung als Verpflichtung. Gegenüber den Aktionären, und da bedeutet Wert Börsenwert.
„Drei erfolgreiche Säulen unter einem Dach”
Nun will das mit dem Erfolg, also dem Aktienkurs, nicht so richtig. Richtig: Finanzkrise. Allein diese Woche mehr als ein Drittel gemanaged TO DESTROYING VALUES (komisches Englisch). Tja Finanzkrise, andere Aktien haben ja auch verloren – nicht so viel (kleinlich) und nicht schon seit Jahren (anderes Thema).
Egal, man kennt das ja, wie die eben so sind: Frau Schickedanz, ihres Zeichens Quelle-Erbin, ist natürlich stocksauer, die verarmte Milliardärin. Aber auch die Kleinanleger fordern den Rücktritt von Arcandor-Chef Middelhoff. "Middelhoff gescheitert" heißt es in eindeutig denunziatorischer Absicht. Der Druck auf Arcandor-Chef Middelhoff wächst.
Und das ist so gemein! Denn erstens ist Arcandor kein Einzelfall, und zweitens ist es dem Management mitten in der Kreditkrise gelungen … Stopp: haben Sie etwas bemerkt. Diese Formulierung ist nicht von mir; ich würde das niemals so sagen: „mitten in der Kreditkrise“ … also: in diesen schweren Zeiten wurde eine Verständigung über Arcandor-Finanzierung erzielt.
Schlimm, diese Undankbarkeit!
Na ja, es ist ein Auf und Ab; es wird schon wieder aufwärts gehen. Denn Probleme bei Arcandor macht eigentlich nur Karstadt. Aber jetzt, wo die im Forum Duisburg sind – ich sage nur: Profit, Profit, Profit …
Sie sehen ja, was da immer los ist. Und außerdem: die
US-Finanzkrise trifft uns nicht
Das sagt der Kämmerer, der Herr Dr. Langner. Und der kennt sich in diesen Sachen aus. Wenn der sagt, die trifft nicht uns, auch wenn sie die ganze Welt in die Tiefe zerrt, alles wegsaugt wie das schwarze Loch. Nicht Duisburg. Verschont wird zur Not auch noch des Forums Kundschaft aus den umliegenden Dörfern. Denn wir sind Helden.
Da kann kommen wer will. Weltwirtschaftskrise, pah! Wir Duisburger haben nun einmal die dicke Kohle. Der Karstadt Konsumtempel ist ja jetzt schon eine Goldgrube.
Auf unseren städtischen Haushalt müssen wir, das weiß ja jeder, allerdings höllisch aufpassen. Deshalb auch die recht hohen Parkgebühren im Forum.
Da können die Anwohner noch so viel mosern. Nicht mit dem Langner. Haben das Forum direkt vor der Nase und meckern auch noch. Ich sage nur: Wasserviertel. Der rote Peter denkt aber nicht nur an die Reichen. An alle. Vor allem natürlich an „seinen“ Haushalt. Und da war er schon immer vorsichtig, direkt risikoscheu. Deshalb hat er den Stadtbahn-Tunnel und das Schienennetz der Duisburger Verkehrsgesellschaft auch nicht den Ami-Spekulanten in den Rachen geworfen. Vielmehr hat er ganz bewusst keine amerikanische Bank beziehungsweise Versicherungsgesellschaft, sondern eine niederländische und eine deutsche (Landes-)Bank gewählt. Laut Dezernent Peter Langner ist "Cross-border-leasing in Europa abgesichert".
Der Holländer macht nämlich nicht so waghalsige Sachen wie die da drüben an der Wall Street. Und bei einer deutschen Landesbank kann sowieso nichts passieren. Sicher: im Zeitalter der Globalisierung kann man nicht nur auf der eigenen Scholle sitzen. So legte die DVV (Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft) Geld bei Lehman-Bank an. Die DVV hat 30 Millionen € bei Lehman Brothers liegen.
Ich sage mal so: die Idee war gut …
Werner Jurga, 27.09.2008
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